Makarius, das Thomasevangelium und das Lied von der Perle

Quispel G.



Das Bild der Kirchengeschichte Syriens hat sich geandert. An die Stelle der Behauptungen, das syrische Christentum sei von Anfang an katholisch oder gnostisch gewesen, traten wichtige Beobachtungen und Entdeckungen.

Arthur Vööbus schrieb seine Geschichte der Askese im syrischen Orient, in welcher er ausführte, dass diese Askese ein Erbe des palästinensischen, jüdischen Christentums sei. Da wurde auf einmal klar, dass es neben dem lateinischen und dem griechischen Christentum ein semitisches Christentum gegeben hat, von palastinensischer Herkunft, das im grossen und ganzen unabhangig von Paulus und dem hellenistischen Heidenchristentum war.

Allerdings hat Vööbus den Beitrag des hellenistischen Enkratismus unterschätzt. So kam er dazu, manichäischen Einfluss auf die syrische Askese anzunehmen. Unsere Arbeit hofft diese Einseitigkeit des grossten Syrologen unserer Zeit einigermassen aufgehoben zu haben. Wenn Mani das Thomasevangelium gekannt hat — und er hat es gekannt, wie aus der Einleitung der Epistula Fundamenti und den manichäischen Psalmen hervorgeht —, dann hat wohl eher die christliche Askese Syriens den Manichäismus beeinflusst. Es ist eine dringende Aufgabe der Gegenwart, dem Einfluss des Enkratismus auf Mani nachzugehen und zu untersuchen, inwieweit der Hellenismus, welcher doch zweiffellos bei Makarius vorliegt, durch den Enkratismus vermittelt worden ist.